Schon vor einiger Zeit sorgte eine Studie der Universität Leipzig für Aufsehen, denn sie ermittelte, dass rund 50 % der Spielzeit auf illegale Glücksspiele in Deutschland entfalle. Ein Umstand, der mit dem Glücksspielstaatsvertrag eigentlich behoben werden sollte. Es zeichnet sich ab, dass die Regulierungen nicht ausreichen, um eine zuverlässige Kanalisierung des Spiels in den legalen Markt zu erreichen.
Die Gründe hierfür sind unterschiedlich, stellenweise wird von einer Überregulierung gesprochen. Ziel eines liberalisierten Marktes muss sein, die Sicherheit von Spielern als oberste Priorität zu fokussieren, dabei aber auch Wirtschaftlichkeit und Attraktivität des Angebots nicht zu vergessen. Sechs Dinge sollten sich ändern, wenn 2028 eine mögliche Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags erfolgt.
1. Legaler Glücksspielmarkt darf nicht überreguliert werden
Ein sicheres Glücksspielangebot ist für Spieler wichtig, denn so lassen sich Gefahren wie die Entstehung einer Glücksspielsucht minimieren. In Deutschland ist Glücksspiel erlaubt, wenn es in einer lizenzierten Online Spielhalle stattfindet, von denen der Markt mittlerweile einige bereithält. Um eine Konzession von der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder zu erhalten, müssen Anbieter alle Punkte des Glücksspielstaatsvertrags umsetzen und ihre Seriosität nachweisen.
Wichtige Vorgaben sind beispielsweise:
- Anschluss an die Spielersperrdatei OASIS
- Einhaltung der Einzahlungslimits mit LUGAS
- Objektive Überprüfung von Spielautomaten durch Unternehmen wie eCOGRA
- Umsetzung von Einsatzvorgaben
- Implementierung einer Sofortsperrfunktion für Spieler
Ziel des Glücksspielstaatsvertrags von 2021 ist einerseits eine Marktöffnung für Unternehmen aus dem Ausland, andererseits aber auch eine objektive und landesweite Kontrolle bezüglich der Sicherheit. Lizenzen gelten nicht mehr wie vor 2021 nur für Schleswig-Holstein, sondern bundesweit.
Kritiker werfen dem Glücksspielstaatsvertrag eine Überregulierung vor, die das Spielgeschehen am Schwarzmarkt indirekt fördert. Für Spieler aus Deutschland gibt es strengere Einschränkungen als beispielsweise in Dänemark oder anderen regulierten Ländern. Besonders kritisiert werden:
- Einschränkungen beim Einsatz am Spielautomaten
- Wartezeiten und Verzicht auf Autoplay
- Wegfall von Tischspielen
- Fehlende Jackpot-Angebote
Schon vor 2021 wurde gespielt, meist bei Anbietern mit europäischer Lizenz. Für Dauerspieler haben die Einschränkungen dazu geführt, dass sie viele beliebte Möglichkeiten nicht mehr nutzen konnten. Waren solche Spieler schon zuvor bei ihrem EU-Anbieter zufrieden, wechseln sie nicht plötzlich zum stärker regulierten deutschen Markt.
Hinzu kommt, dass Anbieter ohne Einschränkungen durch den Glücksspielstaatsvertrag ganz gezielt mit den Attributen werben, die von Spielern vermisst werden.
Warum eine Regulierung so wichtig ist und welche Gefahren Spielern mit ausgeprägter Sucht drohen, zeigt das nachfolgende Video. Die Reportage des ZDF begleitet Menschen, die von Spielsucht betroffen sind:
2. Änderung des Steuersystems in Deutschland
Ein weiteres Problem des deutschen Glücksspiels ist die Steuerpflicht für Anbieter. Während andere EU-Länder auf eine Bruttospielertragssteuer setzen, gilt in Deutschland die Spieleinsatzsteuer. Jeder getätigte Einsatz durch einen Spieler muss versteuert werden, unabhängig davon, ob daraus ein Gewinn oder Verlust entsteht.
Ein Risiko für die Spielothekenbetreiber, denn sie müssen ihr Angebot wirtschaftlich halten. Infolgedessen sind deutsche Anbieter fast schon gezwungen, die Auszahlungsraten zu reduzieren, um ihre Einkünfte zu sichern. Das wird direkt an die Spieler weitergebeben und schmälert die Attraktivität weiter.
Beispiel: Ein Glücksspielanbieter aus dem Ausland mit Bruttospielertragssteuer kann eine Auszahlungsquote (RTP) von 98 % am Spielautomaten anbieten und trotzdem wirtschaftlich arbeiten. In Deutschland, wo jeder Einsatz versteuert werden muss, senken die Betreiber den RTP oft auf 90 bis 94 %, was für den Spieler klar von Nachteil ist.
Zielführend wäre, die Spielumsatzsteuer abzuschaffen und stattdessen ebenfalls eine Bruttospielertragssteuer einzuführen. Zuletzt hatte Frankreich diese Umgestaltung vorgenommen, denn auch dort wurden zunächst sämtliche Einsätze besteuert.
3. Blinde Flecken füllen und Angebot attraktiver gestalten
Poker ist laut Glücksspielstaatsvertrag das einzige Tischspiel, das deutsche Anbieter im Internet durchführen dürfen. Sämtliche andere Glücksspiele am Tisch sind verboten. Dazu gehören Klassiker wie:
- Roulette (amerikanisch oder französisch)
- Blackjack
- Baccarat
- Würfelspiele
Europäische Anbieter oder jene mit Lizenzen des außereuropäischen Auslands dürfen sämtliche Glücksspiele anbieten und haben damit ein weiteres Lockmittel für frustrierte deutsche Spieler geschaffen. Verboten wurden Tischspiele im Hinblick auf die größere Suchtgefahr und potenziell höhere Einsätze.
Das beliebte Kartenspiel Poker hat einen Ausnahmestatus inne, da es als eine Mischung aus Strategie- und Glücksspiel gesehen wird. Aber auch beim Online-Poker in Deutschland gibt es strenge Vorgaben. So ist beispielsweise das Spiel an mehreren Tischen nicht erlaubt und die Einsätze sind begrenzt.
Für einen attraktiven deutschen Markt ist es zwingend erforderlich, die Nachfrage nach Tischspielen und flexibleren Einsatzmethoden beim Pokern zu bedienen. Im EU-Ausland ist es auch im Onlinesegment Standard, dass Spieler Blackjack und andere Tischspiele zur Verfügung haben. Wer ein entsprechendes Angebot in Deutschland nicht vorfindet, wandert ab.
Gut zu wissen: Mittlerweile bieten bereits mehrere staatliche Spielbanken (Bayern, Hessen) Online-Angebote an. Da sie eine staatliche Lizenz besitzen, dürfen die Anbieter auch Tischspiele online verbreiten. Das sollte aber nicht Sinn der Sache sein, denn dadurch werden Marktteilnehmer mit offizieller Lizenz benachteiligt, obwohl sie einen wertvollen Beitrag für die Staatskasse und einen sicheren Glücksspielmarkt leisten.
4. Legale Werbemöglichkeiten für sichere Anbieter schaffen
Das Thema Glücksspielwerbung wird heiß diskutiert. Einigen geht das Werbeverbot nicht weit genug, sie fordern stärkere Einschränkungen oder ein vollständiges Verbot. Grundlegend dürfen nur Anbieter mit einer deutschen Lizenz Werbung schalten, praktisch funktioniert eine solche Kontrolle aber kaum. Immer wieder machen Betreiber aus dem Ausland gezielte Angebote und unterbreiten sie an Spieler aus Deutschland.
Wer als lizenziertes Unternehmen in Deutschland werben möchte, kann grundsätzlich TV-Spots, Radio-Werbung oder auch Online-Marketing nutzen. Dabei gelten folgende Tabus:
- Werbung darf nicht falsch oder irreführend sein oder finanzielle Hilfe suggerieren.
- Es darf kein Zeitdruck erzeugt werden, z.B. durch ablaufende Bonusangebote.
- Illegales Glücksspiel, kostenlose Glücksspiele oder besondere Gewinnmöglichkeiten dürfen nicht beworben werden.
- Online-Glücksspiele dürfen nicht mit Worten wie Casino oder Casino-Spiele beworben werden.
Das Ziel des Werbeverbots ist es, Kinder und Jugendliche sowie gefährdete Personen zu schützen. Daher dürfen auch einzelne Sportler nicht als Werbefigur für Anbieter auftreten, da die Vorbildfunktion gefährdet ist.
Hinzu kommt die zeitliche Beschränkung von Werbung. Zwischen 21:00 und 06:00 Uhr ist die Ausstrahlung offiziell erlaubt, zu den üblichen Tageszeiten nicht. Auch hier steht der Jugendschutz im Fokus, allerdings sorgen diese Einschränkungen auch dafür, dass nicht-legale Anbieter gezielt Werbung machen, um ihr Angebot in den Mittelpunkt zu rücken.
Faire und sichere Werbemaßnahmen sind entscheidend dafür, dass Spieler die richtigen Angebote finden. Gleichzeitig ist es wichtig, illegale Werbung gezielter aus dem Verkehr zu ziehen. Google hatte beispielsweise 2024 entschieden, künftig nur noch Glücksspielwerbung für Anbieter mit nachweislicher Lizenz aus Deutschland zu schalten.
5. Einschränkungen bei Wetten überdenken und Markt erweitern
Zum Glücksspiel gehören auch Sportwetten, die mit dem Glücksspielstaatsvertrag ebenfalls legalisiert wurden. Es gelten die gleichen Vorschriften wie beim klassischen Glücksspiel. Anbieter müssen sich an OASIS anschließen, benötigen eine Lizenz der GGL und müssen die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags einhalten.
Problem: Auch im Sportwettensektor wird immer wieder von einer Überregulierung gesprochen, die Spieler auf den Schwarzmarkt führen könnte. Besonders hervorzuheben sind die folgenden Richtlinien:
- Spezialwetten: Es ist Spielern aus Deutschland nicht erlaubt, auf Unterhaltungssendungen wie das Dschungelcamp, auf politische Ereignisse oder sonstige Events zu setzen. Lediglich Sportwetten sind zugelassen.
- Cashout: In Deutschland ist es verboten, Gewinne frühzeitig auszahlen zu lassen. Anbieter aus dem Ausland werben oft gezielt mit der Cashout-Funktion.
- E-Sports: Auf virtuellen Sport dürfen Spieler aus Deutschland nicht wetten. Erlaubt ist allenfalls echter Sport und genau das ist ein herber Kritikpunkt. Große Events aus der E-Sports-Branche sind bei vielen Wettfans beliebt, die Einschränkungen fördern den Gang auf den Schwarzmarkt.
- Regelverstöße: Es ist nicht erlaubt, auf rote Karten oder Sanktionen im Sport zu wetten.
- Paralleles Wetten: Spieler dürfen nicht bei mehreren Buchmachern parallel wetten oder mehrere Tabs öffnen.
- Verifizierung: Frisch angemeldete Spieler müssen direkt verifiziert und überprüft werden. Bei den meisten EU-Anbietern ist das erst kurz vor der ersten Auszahlung nötig.
Hinzu kommt, dass angebotene Wetten bzw. Wettmärkte von der GGL zunächst genehmigt werden müssen. Das oft zähe behördliche Vorgehen und der Wegfall zahlreicher beliebter Wettfunktionen erklärt, warum sich so viele Spieler lieber der Gefahr der Illegalität hingeben, um auf ihre Lieblingssportarten- oder Events zu wetten.
Doch es gibt nicht nur Kritik an den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrag. Er sorgt andererseits auch für die Sicherheit von Spielern. Dafür gelten bei Sportwetten, aber auch bei Spielotheken unter anderem folgende Vorgaben:
- Kundendienst: Jeder Anbieter benötigt einen spezialisierten Kundendienst, der durch den Spieler schnell zu erreichen ist. Alle dort arbeitenden Angestellten müssen Fragen rund ums Thema Sicherheit effektiv und korrekt beantworten können.
- Problemspieler: Buchmacher und Spielotheken-Betreiber sind verpflichtet, das Spielerverhalten zu überwachen. Diese Maßnahmen dienen dazu, Problemspieler besonders zu schützen und die Gefahr einer Spielsucht zu minimieren.
- OASIS: Die Spielersperrdatei ist für Bookies wie Spielothekenbetreiber verpflichtend. Bevor ein Spieler aufs Angebot zugreifen kann, erfolgt eine Überprüfung, ob eine Sperrung vorliegt.
Auch im Bereich Sportwetten wird es wichtig sein, das richtige Maß zwischen Regulierung und Überregulierung zu finden. Wenn Spieler zu stark beschränkt werden, scheint die Abwanderung in Richtung Schwarzmarkt wahrscheinlicher.
6. Stärkere Überwachung illegaler Anbieter und Aufklärung
Ein weiteres Thema wird sein, dass Spieler besser über legale und illegale Angebote aufgeklärt werden müssen. Gerade durch Affiliate-Werbung und Bewertungsportale werden Teilnehmer oft stark in die Irre geführt. EU-Anbieter pochen hier teilweise auf ihr Recht, dass sie im Zuge des EU-Dienstleistungsfreiheitsgesetzes ihr Angebot legal in Deutschland unterbreiten dürfen. Auf solche Aussagen fallen unerfahrene Spieler rein und melden sich an, ohne um die Illegalität zu wissen.
Das EU-Dienstleistungsfreiheitsgesetz sieht tatsächlich vor, dass Unternehmen aus der EU ihre Angebote innerhalb der EU verbreiten dürfen. Das gilt aber nur dann, wenn keine besonderen Fakten dagegensprechen. Im Falle von Glücksspiel wird die Schutzbedürftigkeit der Gesellschaft und Spieler höher gewichtet. Folglich hebt das Bestreben nach Schutz die Dienstleistungsfreiheit auf und Glücksspiel bei Anbietern aus der EU ist und bleibt verboten.
Auch wenn in der Regel keine Strafverfolgung der Spieler erfolgt, gehen sie durch die Teilnahme an Schwarzmarktangeboten hohe Risiken ein. Sie haben kaum eine rechtliche Handhabe, wenn es zur Nichtauszahlung von Gewinnen kommt, außerdem ist Spielerschutz hier nicht sicher gewährleistet. Es gibt Anbieter aus dem EU-Ausland, die seriös und sicher arbeiten. Da sie hier aber trotzdem verboten sind, müssen sie sinnvolle Schutzmaßnahmen wie die freiwillige Selbstsperre nicht anbieten.
Es braucht mehr Überwachung und zielgerichtete Sperrung illegaler Werbungen und eine gleichzeitig umfassende Aufklärung von Spielern. Nicht jeder Schwarzmarktnutzer ist sich bewusst, dass er gerade illegal spielt.
Fazit: Die Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags muss Neuerungen mitbringen
Ab 2028 ist mit der neuen Fassung des Glücksspielstaatsvertrags zu rechnen, schon 2026 erfolgt die nächste Evaluierung. Dann muss es zwingend um Themen wie Attraktivität und Überregulierung gehen. Einigen Behörden und Politikern kann es bei der Glücksspielregulierung nicht streng genug zugehen. Es werden teilweise sogar noch weitere Maßnahmen gefordert. Eine Verbotskultur bringt aber gesellschaftlich gesehen nur selten etwas. Ein Verbot von Kneipen würde auch die Gefahr von Alkoholismus nicht reduzieren, sondern nur noch weitere Gefahren mitbringen. Somit sollte bei der nächsten Evaluierung mit Besonnenheit und mit Blick auf aktuelle Studien zum Schwarzmarkt verhandelt werden – im Sinne der Spieler, aber auch im Sinne der Anbieter, die für seriöses und faires Glücksspiel stehen.
